Gjylshen R. war mit einem gewalttätigen Mann verheiratet. Nachdem die Familie ihre Wohnung verlor, zog Gjylshen R. mit ihren zwei Kindern in ein Mutter-Kind-Haus. Heute arbeitet sie als Peer der Wohnungslosenhilfe bei neunerhaus.
Schon als Kind musste Gjylshen R. in einer instabilen Wohnsituation leben: „Ich war ein ungewünschtes Kind, mein Vater wollte keine Tochter haben“, berichtet sie. „Ich bin mehr draußen als drinnen aufgewachsen, hatte nie einen feste Wohnplatz.“ Später beschließt ihr Vater, dass Gjylshen R. heiraten und eine Familie gründen muss: „Mein Vater hat einen toxischen Mann ausgesucht, ich durfte ihn nicht selber aussuchen. Das bedeutet: Insgesamt 34 Jahre lang durfte ich nichts machen, hatte keine Rechte, keine Wohnung – ich durfte nicht sagen, dass ich in dieser Wohnung lebe, denn sie war nicht meins.“
13 Jahre lang war Gjylshen R. mit dem Mann verheiratet, zwei Kinder haben sie gemeinsam bekommen. „Es gab Gewalt, er war spielsüchtig. Wir hatten viele Probleme“, erinnert sie sich. Die Familie verlor ihre Wohnung, teilweise mussten sie Nächte draußen verbringen. „Irgendwann hab ich gesagt: Schluss, ich kann nicht mehr. Das ist nicht mein Leben, ich muss meine Kinder in Sicherheit bringen.“ Gjylshen R. verlässt mit Begleitung der Polizei ihren Mann und zieht mit den Kindern in ein Mutter-Kind-Haus. „Erst dort konnte ich meine Freiheit genießen. Ich kann dieses Glück nicht beschreiben, frei zu sein. Meine Meinung zu sagen. Selbst zu bestimmen, ob mir etwas gefällt oder nicht. Oder reden. Ich durfte nichts sagen, wie eine Sklavin.“
Gjylshen R. ist eigentlich gelernte Köchin. „Aber ich arbeite gerne mit Menschen“, sagt sie. Im Mutter-Kind-Haus hat ihr jemand von der Peer-Ausbildung am neunerhaus Peer Campus erzählt. „Sie hat mir gesagt, was es bedeutet, als Peer mit Menschen zu arbeiten. Und dann hab ich gesagt: Okay, das ist meins. Ich war beim AMS und hab gesagt, ich will das unbedingt machen. Und die waren gleich einverstanden.“ Vor wenigen Wochen hat Gjylshen R. die Peer-Ausbildung abgeschlossen und arbeitet seit kurzem im neunerhaus Gesundheitszentrum, wo sie mit ihrer Erfahrung Menschen hilft, die obdachlos oder nichtversichert sind.