Im neunerhaus Café im 5. Wiener Gemeindebezirk wird der Kaffee von einem Barista zubereitet und der vegetarische Mittagsteller aus biologischen Zutaten kunstvoll hergerichtet. Die Gäste zahlen so viel sie geben können. Linda S. arbeitet dort als Schankkraft. Sie erzählt, wie sich die Arbeit im neunerhaus Café, in der obdach- und wohnungslose Menschen ein warmes, gesundes Essen und Beratung erhalten, von der Arbeit in der klassischen Gastronomie unterscheidet.
Warum soll man ins neunerhaus Café kommen?
Worauf man sich einlassen muss – das ist auch das Schöne und was die Gäste schätzen – ist der bunte Haufen an Menschen. Das ist das Besondere hier. Die Leute sitzen gemeinsam an einem Tisch, obwohl sie sich nicht kennen, und lernen sich vielleicht kennen. Manche sind für sich alleine. Man kann sich ein bisschen berieseln lassen von dem, was hier so passiert und ins Geschehen eintauchen.
Du arbeitest als Schankkraft, was zählt zu deinen Aufgaben?
Ich nehme an der Bar Bestellungen entgegen, bereite Getränke zu und gebe die Essen aus. Neben meinem Studium der Politikwissenschaften habe ich immer in der klassischen Gastronomie gearbeitet. Ich liebe die Gastronomie, aber ich hasse sie auch (lacht) und wollte eigentlich weg von ihr. Als ich die Stelle zufällig gesehen habe, dachte ich mir, da passe ich gut rein mit meinem Background. Es ist hier voll die schöne Kombination. Ich kann was geben in meiner Arbeit und habe trotzdem dieses gastronomische Umfeld.
Wie unterscheidet sich die Arbeit in der klassischen Gastronomie mit zahlender Klientel zur Arbeit im neunerhaus Café?
Hier ist vieles anders. Wir haben ein sehr klares und schmales Angebot an Getränken und Speisen. Das macht die Arbeit mit der Kundschaft sehr viel einfacher und sehr, sehr angenehm. Es gibt wenig Diskussionen darüber, was es gibt und was es nicht gibt. Dass wir alles gegen eine freiwillige Spende ausgeben und keine festgelegten Preise haben, ist natürlich auch nicht gang und gäbe. Für manche mag das bei ihrem ersten Besuch vielleicht etwas schwierig sein, aber das legt sich gleich.
Wenn man das neunerhaus Café betritt, steht man gleich gegenüber dem Tresen. Für die Besucher*innen seid ihr, die hinter der Schank arbeiten, oft die ersten Ansprechpersonen. Wie erkennt ihr, ob jemand einfach nur einen Kaffee trinken möchte oder Unterstützung benötigt?
Das ist sehr individuell. Manche kommen, weil sie Hilfe brauchen, legen fünf Dokumente auf den Tresen und möchten gleich alles erzählen. Dann weise ich sie den Sozialarbeiter*innen zu. Bei anderen wiederum ist es eher ein Herantasten. Wenn sie dann ihre Geschichte oder das, was passiert ist, erzählen, kann ich sagen: „Hey, hier gibt es Sozialarbeit!“ Bis sie den Schritt tatsächlich wagen, kann es länger dauern. Das ist sehr unterschiedlich.
Die Zubereitung der Speisen und Getränke im neunerhaus Café ist sehr ästhetisch. Felicitas H., eine eurer Stammgäste, meinte, hier kann man sehr gut mit dem Auge mitessen. Warum wird darauf Wert gelegt?
Es ist die Liebe zum Detail und die Liebe zum gesunden Essen. Gerade Menschen, die sich sonst nicht so viel leisten können oder genau schauen müssen, wo sie ihr Geld lassen, bekommen hier was Schönes und Gesundes, und nicht etwas, das einfach auf den Teller geklatscht wird. Es ist einfach sehr wichtig, den Menschen etwas Schönes geben zu können. Etwas, das sonst vielleicht nicht so zugänglich ist. Dasselbe gilt für den Kaffee, der ist ja auch besonders gut. Und es ist schön, Leuten etwas hinzustellen, worüber sie sich freuen.
Die Schaumkreationen hat die Besucherin Felicitas auch positiv angemerkt.
Wenn in meinem Schaum ein schönes Muster drinnen ist, ist das eher Zufall (lacht).
Gibt es einen typischen Tag im neunerhaus Café?
Obwohl wir einen klaren Ablauf haben, ist jeder Tag irgendwie anders. Wir sehen jeden Tag neue Gesichter, aber haben auch viele Stammgäste. Und selbst von denen gibt es immer wieder Überraschungen. Manchmal tauchen Gäste wieder auf, die lange nicht mehr da waren. Was mich aber am meisten überrascht, ist, wie viel man zurückbekommt. Das tut gut.
Was bekommt man denn zurück?
Hauptsächlich viele Grinser (lacht), viele Danksagungen oder kleine Aufmerksamkeiten wie Blumen oder Schokolade.
So kannst du das neunerhaus Café unterstützen!
Für einige Zeit Normalität und Akzeptanz erfahren, niederschwellige Unterstützung bei existentiellen Angelegenheiten erhalten und ein gesundes, warmes Mittagessen genießen. Das bietet das neunerhaus Café obdach- und wohnungslosen Menschen. Du möchtest das neunerhaus Café unterstützen und Menschen, die nicht so viel haben, ein gesundes und warmes Mittagessen ermöglichen? Unterstütze uns in Form einer Spende. Oder komm‘ vorbei, genieße deinen Cappuccino, einen Verlängerten oder ein gesundes Mittagessen bei uns. Du findest uns in der Margaretenstraße 166, von Montag bis Freitag von 10:00 bis 15:00 Uhr.