»Lernen mit Spaß und Sinn«: Ein Peer erzählt
Augustin-Kolumnist Hans Wurst hat den Zertifikats-Kurs Peers der Wohnungslosenhilfe erfolgreich abgeschlossen. Wie das war, erzählt er hier.
Es war Sommer 2018, genauer gesagt Ende August, als ich von der Peer-Ausbildung in der Wiener Wohnungslosenhilfe erfahren habe, die von neunerhaus und dem FSW angeboten wurde. Ich habe damals im Obdach Lobmeyrhof gewohnt. Eine Betreuerin erzählte mir von der Ausbildung. Anfang Juli war ich von der Siemensstraße (Männerwohnheim) in den Lobmeyrhof umgezogen. Nach einem AMS-Termin im neuen Bezirk machte ich mir meine Gedanken, wofür ich mich begeistern konnte und da ich immer schon eine soziale Ader hatte, wollte ich mich im Sozialbereich engagieren. Und da kam mir die Peer Ausbildung sehr gelegen, für mich persönlich stand schnell fest: Ich will diese Ausbildung unbedingt machen!
Wie im Flug
Also bewarb ich mich Anfang September für die Ausbildung, indem ich meinen Lebenslauf und mein Motivationsschreiben an neunerhaus schickte. Dann hieß es warten bis Dezember, weil erst kurz nach Weihnachten feststand, wer in den Genuss dieser Ausbildung kam. Es waren, glaube ich, insgesamt ca. 60 bis 70 BewerberInnen. Die Zeit von September bis Dezember war sehr hart für mich, weil ich nicht so recht wusste, ob ich nun dabei bin oder nicht. Kurz nach Weihnachten kam dann endlich der ersehnte Anruf – mir blieb kurz mein Herz stehen vor lauter Nervosität. Aber zum Glück war ich einer von den 20 angehenden Peers, die die Ausbildung machen konnten. Ich war sehr erleichtert, als ich das erfuhr. Da wusste ich, dass ich 2018 alles richtig gemacht hatte. Es war ein sehr gutes Jahr für mich: Von März bis Oktober wurden meine Zähne gerichtet, ich bekam meine Wohnung und noch darüber hinaus bekam ich den ersehnten Ausbildungsplatz. So kann man ein Jahr gut abschließen! Jetzt konnte ich entspannt in das Jahr 2019 starten. Ende Februar ging es dann los mit dem ersten Modul. Die Zeit zwischen Modul 1 und unserem Abschlusstag am 3. Oktober verging wie im Flug, viel zu schnell meines Erachtens nach.
Wo die Reise hingeht…
Die Gruppe der TeilnehmerInnen wuchs relativ rasch zusammen. Da wir ja die ersten Peers sind, die innerhalb der Wiener Wohnungslosenhilfe diese Ausbildung gemacht haben, wusste zu Beginn noch keiner, wo diese Reise hingeht, ob es dann später für uns auch eine Arbeit geben wird nach abgeschlossener Ausbildung.
Für mich persönlich war die Ungewissheit, wie es nach der Ausbildung weiter geht, die größte Herausforderung. Vom Stoff her, der uns in den Modulen beigebracht wurde, habe ich mir damit leicht getan. Einmal bekamen wir einen Text zum Ausarbeiten, damit hatte ich meine Probleme – nicht vom Inhalt her, sondern weil er meines Erachtens sehr trocken geschrieben war. Somit tat ich mir persönlich schwer, in einen Lesefluss zu kommen.
Mein Praktikum absolvierte ich bei der Heilsarmee im Tagestreff Wintergarten im 2. Bezirk am Max-Winter-Platz. Das Praktikum machte mir sehr viel Spaß. Das Team war sehr klein, aber fein. Die Arbeit im Tagestreff machte mir so viel Freude, dass ich nach Ende meines Praktikums dort noch weiter als Ehrenamtlicher tätig bin.
Neues Wissen
Ich persönlich kann nur jedem diese Ausbildung empfehlen: Nützt die Chance, wenn ihr sie bekommt! Die Ausbildung hat mich sehr bereichert an Wissen. Das Lernumfeld passt. Auch die Kursleitung und die ModulleiterInnen sind sehr auf uns eingegangen und so macht das Lernen Spaß und Sinn. Ich möchte mich an dieser Stelle auch nochmal beim Beirat vom AMS bedanken, dass er die Ausbildung abgesegnet hat und dass wir in dieser Zeit unsere Ruhe für die Ausbildung hatten. Ich finde das sehr wichtig, damit man sich voll und ganz auf die Ausbildung konzentrieren kann.
Ich wünsche neunerhaus alles Gute zu seinem 20-jährigen Bestehen. Auf die nächsten 20 Jahre! Und ich freue mich auch sehr auf meine Zukunft als Peer in der Wiener Wohnungslosenhilfe.
Hans Wurst
P.S.: Hier gibt es alle Infos zum Zertifikats-Kurs "Peers der Wohnungslosenhilfe". Wenn ihr Interesse an dem Lehrgang habt, findet ihr dort alles Nötige zur Anmeldung.
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Hans Wurst schreibt für den Augustin seit 2016 in "Meine Wohngeschichte" regelmäßig über seine Erfahrungen als wohnungsloser Mensch in Wien. Hier gibt es alle Teile seiner Geschichte zum nachlesen.