Der Zugang zu Gemeindewohnungen, vielen SMART-Wohnungen und weiteren geförderten Wohnungen erfolgt derzeit über die Wiener Wohnberatung und wird über das Wiener Wohn-Ticket geregelt. Für Gemeindewohnungen und SMART-Wohnungen muss zusätzlich zum Wohn-Ticket zumindest ein Kriterium für begründeten Wohnbedarf – auch Vergabekategorie genannt – vorliegen.
Unter dem Titel „Wohnungsvergabe NEU“ rief die Wiener Stadtregierung im Frühling 2025 eine „neue Ära des sozialen Wohnbaus“ aus und kündigte eine Neuerung bei den Vergabe-Richtlinien für das Wiener Wohn-Ticket an. Seitdem gab es eine Lockerung bei den Meldezeiten und die Einführung der neuen Vergabekategorie „hohe Wohnkostenbelastungen“. Weitere Informationen zu den bevorstehenden Änderungen sind bisher nicht öffentlich bekannt. neunerhaus beleuchtet den aktuellen Stand zur Wohnungsvergabe NEU und fasst zusammen, was es aus unserer Sicht für eine transparente und sozial treffsichere Wohnungsvergabe braucht.
Änderungen bei Hauptwohnsitzmeldung
Wie bisher müssen Personen mindestens zwei Jahre einen Hauptwohnsitz in Wien haben, damit sie um ein Wohn-Ticket ansuchen können. Neu ist, dass die zweijährige Meldung nicht mehr an derselben Adresse sein muss. Das ist ein wichtiger Schritt, denn dadurch wird die Dynamik am Wohnungsmarkt und die Lebensrealität vieler Menschen besser abgebildet.
Allerdings: Lücken in den Meldezeiten, welche z. B. aufgrund von Trennungen, Auslandsaufenthalten oder banalen Missgeschicken bei Umzügen immer wieder vorkommen, bleiben unberücksichtigt. Für Menschen, die von Wohnungs- oder Obdachlosigkeit sowie Armut betroffen sind, bedeutet diese Voraussetzung eine besonders hohe Hürde. Deshalb braucht es vor allem für sie mehr Flexibilität, damit der Zugang zu leistbaren Wohnungen trotz kurzen Meldelücken möglich ist.
Neuer Wohnbedarfsgrund: Wohnkosten
Um die Teuerungen bei der Vergabe von Wohnungen zu berücksichtigen, wurde die neue Vergabekategorie „hohe Wohnkostenbelastung“ eingeführt. Das bringt insbesondere für Personen mit niedrigen Einkommen eine Verbesserung.
Allerdings: Das Angebot richtet sich primär an Mieter*innen im Bereich des privaten Wohnungsmarkts. Für Mieter*innen in Gemeindewohnungen gibt es die Option eines Wohn-Tickets für Wohnungswechsel. Bewohner*innen in gemeinnützigen Wohnungen können ebenso von hoher Wohnkostenbelastung betroffen sein – etwa wenn sich Lebensumstände nach Scheidung oder Jobverlust ändern. Hier braucht es Möglichkeiten, unkompliziert in eine leistbare Wohnung zu wechseln.
Neues Vergabesystem mit Bonuspunkten ab 2026
Im Wiener Regierungsprogramm ist eine Reform der Wohnungsvergabe angekündigt: Anstelle von fixen Vergabekriterien und Wohnbedarfsgründen ist ein Vergabesystem mit (Bonus-)Punkten geplant, das auf individuelle Lebenssituationen ausgerichtet ist. Details zur Entwicklung des Punktesystems wurden bisher nicht kommuniziert. Zudem sollen in Zukunft sowohl Gemeindewohnungen als auch gemeinnützige Wohnungen zentral über das Wiener Wohn-Ticket vergeben werden. Wir sehen die Umgestaltung der Vergabe-Richtlinien als eine große Chance und Paradigmenwechsel, leistbaren Wohnraum flexibler und bedarfsgerechter zugänglich zu machen.
Allerdings: Schwierige Lebenssituationen müssen sich im Punktesystem wiederfinden. Dazu zählen insbesondere Wohnungslosigkeit, Obdachlosigkeit oder Armutsbetroffenheit oder -gefährdung. Die Einbindung von Expert*innen und Vertreter*innen aus dem Wohn- und Sozialbereich ist dafür zentral, um keine Chancen zu verpassen.
Was es braucht, damit die „Wohnungsvergabe NEU“ eine „Wohnungsvergabe BESSER“ wird
Um die Vergabe-Richtlinien sozial treffsicher, schnell, transparent und niederschwellig zu gestalten, braucht es die Expertise vieler. Jene von Sozialorganisationen kann einen wichtigen Beitrag für die bedarfsgerechte Ausgestaltung leisten. Mit Expertise im Bereich der Wohnungslosenhilfe, des Sozialen Wohnungsmanagements und an der Schnittstelle zwischen Wohnen und sozialer Unterstützung kann neunerhaus viel zur Ausgestaltung beisteuern.
Konkret fordern wir für das Vergabeverfahren über das Wiener Wohn-Ticket ab 2026:
- Einführung von (Bonus-)Punkten bei „Obdachlosigkeit“, „Wohnungslosigkeit“ und „Ungesichertem Wohnen“ nach der ETHOS-Definition
- Integration der neuen Vergabekategorie „hohe Wohnkostenbelastung“ in das (Bonus-)Punkte System
- Einführung eines Durchrechnungszeitraumes von drei Jahren, in dem die notwendige Meldezeit von zwei Jahren nachgewiesen werden muss.
- Lockerung der Voraussetzung „geklärte Familienverhältnisse“, beispielsweise für Frauen in längeren Scheidungsphasen
- Abbau digitaler Hürden bei der Wohnungsvergabe
- Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der sogenannten „Sozialen Wohnungsvergabe“ inkl. Ausweitung des Wohnungsangebots (größere und barrierefreie Wohnungen, gemeinnützige Wohnungen etc.)
- Mitsprache von Expert*innen aus Praxis und Zivilgesellschaft bei der Ausgestaltung der „Wohnungsvergabe NEU“