„Mehr davon und noch billiger!

Autorin und Künstlerin Stefanie Sargnagel beantwortet für die 53. Ausgabe der neuner News Fragen über’s Wohnen.

Autorin und Künstlerin im Wohnzimmer ihrer Eigentumswohnung. Wichtig: Hudriwudi, eine Deix-Figur, die in Wiens U-Bahnstationen als Aschenbecher diente © Lisi Specht für Der Standard

neunerhaus: Was bedeutet Wohnen?

Sargnagel: Sicherheit.

neunerhaus: In Ihrem Buch „Iowa. Ein Ausflug nach Amerika“ schreiben Sie darüber, dass Wohnungslosigkeit jeden treffen kann. Erleben Sie das auch in Ihrem Umfeld?

Sargnagel: Was ich gegenwärtig erlebe, ist, dass Trennungen noch schwieriger werden, weil die Mieten teurer werden.

neunerhaus: Ein Drittel aller obdach- und wohnungslosen Menschen in Österreich ist jünger als 30 Jahre. Sie haben in einer Gemeindebauwohnung gelebt, bevor Sie in eine Eigentumswohnung gezogen sind. Wie war das für Sie?

Sargnagel: Mit 16 habe ich mich für eine Gemeindebauwohnung angemeldet und mit 20 bin ich dann eingezogen. Ich war völlig lebensunfähig damals, bin nur um die Häuser gezogen, habe immer wieder vergessen, die Miete zu überweisen. In jedem anderen Wohnverhältnis wäre ich wohl nach einem halben Jahr delogiert worden; hier konnte ich immer noch Einspruch erheben. Ich habe den Gemeindebau immer als sehr sicher empfunden.

neunerhaus: Gab es für Sie einmal eine Zeit, in der Sie nicht wussten, wie Sie sich die Miete und das Leben leisten können?

Sargnagel: Eigentlich nicht, alles war noch billiger, ich war ja sehr jung, hatte Wohnbeihilfe beantragt, für niemanden Verantwortung, kam mit Gelegenheitsjobs und Dosenbierverkaufen über die Runden. Da meine Mutter beruflich Menschen in prekären Situationen betreute, wusste ich aber auch, wohin ich mich wenden muss. Ich war quasi eine ihrer Klientinnen.

neunerhaus: Wie sieht Ihre persönliche Wohnutopie aus?

Sargnagel: Ich würde alle meine Freund*innen in meiner Nachbarschaft einquartieren. Es ist ein bisschen langweilig, wie sich alle in ihre Kleinfamilien zurückziehen.

neunerhaus: Und eine gesellschaftliche Wohnutopie?

Sargnagel: Die Gemeindebauten kommen da für mich schon nahe ran. Mehr davon und noch billiger.

neunerhaus: Ein Ausflug in Stefanie Sargnagels Wohnung – was wären die Sehenswürdigkeiten?

Sargnagel: Der Hudriwudri, den ich am Flohmarkt gekauft habe. Eine Deixfigur, die früher als Aschenbecher in den U-Bahn-Stationen in Wien stand.

neunerhaus: Was wünschen Sie neunerhaus?

Sargnagel: Geld, Macht und Liebe.


Stefanie Sargnagel (geb. 1986), eigentlich Stefanie Sprengnagel, studierte an der Akademie der bildenden Künste Wien Malerei, verbrachte aber mehr Zeit bei ihrem Brotjob im Callcenter. Seit 2016 ist sie freie Autorin. Sie erhielt den BKS-Bank-Publikumspreis beim Wettbewerb zum Inge- borg-Bachmann-Preis 2016. Ihre beiden Bücher „Statusmeldungen“ und „Dicht“ waren Bestseller, ebenso wie ihr im Vorjahr bei Rowohlt erschienener Reisebericht „Iowa. Ein Ausflug nach Amerika“.


Dieser Beitrag erschien erstmals in der 53. Ausgabe der neuner News – dem Spendenmagazin von neunerhaus.