Elisabeth Hammer, neunerhaus Geschäftsführerin, darüber, wie die Wohnungslosenhilfe uns allen nützt.

Wir müssen ja nur von uns selbst ausgehen: Eine eigene Wohnung mit eigenem Mietvertrag ist für eine Mehrzahl von Menschen die passende und gewünschte Lösung. Das gilt auch für jene, die gerade erst ihre Wohnung verloren haben oder eine kurze Phase der Wohnungslosigkeit erleben. So beherzt wir damit den Ansatz Housing First für die Vielen verfolgen, so not wendig sind als Ergänzung dazu unsere Wohnhäuser.
Neben Wohnungs- oder Obdachlosigkeit kommt oftmals viel, viel mehr dazu: Aufgrund jahre- oder jahrzehntelanger manifester psychiatrischer Erkrankungen, Alkohol- oder Suchterkrankungen, Missbrauchs- oder Gewalterfahrungen, Behinderungen oder auch intellektueller Einschränkungen, ist der Alltag allein auf sich gestellt, für viele einfach kaum zu stemmen. Bei den neunerhaus Wohnhäusern gilt deshalb: Wir öffnen unsere Türen für Menschen, die sehr viele Probleme auf einmal haben, deren Rucksack so vollgepackt ist, dass sie gar nicht wissen, wo sie beim Auspacken beginnen sollen. Es ist meist eine Verschränkung von biografischen Krisen und strukturellen Ausschlüssen, die sie zu uns und an einen Punkt bringen, an dem sie alleine wirklich nicht mehr können.
Wenn unsere Bewohner*innen um Hilfe fragen, dann haben sie sie bitter nötig.
Elisabeth Hammer
Ich sehe es als Akt der Solidarität, des sozialen Zusammenhalts und der Menschlichkeit, dass wir nicht nur jene unterstützen, die nur einen kleinen Stupser oder ambulante Unterstützung brauchen, um wieder eigenständig zu sein. Wenn unsere Bewohner*innen um Hilfe fragen, dann haben sie sie bitter nötig. Wir begleiten und unterstützen sie. Wir sehen, wie sie wieder Zukunftspläne schmieden, Autonomie und Selbstständigkeit erreichen, würdevoll leben und sich beteiligen, z. B. in den hauseigenen Cafés. Die gesundheitliche Stabilisierung ist der allererste Riesenschritt, der dem vorangeht. Das Wohnen soll dabei so normal wie möglich sein. Bei neunerhaus leben die Menschen in eigenen, kleinen Wohnungen mit eigener Küche und eigenem Bad. Bei der Konzeption des Wohnhauses in der Hagenmüllergasse waren die Bewohner*innen involviert – ihre Wünsche nach Privatsphäre und Eigenständigkeit spiegeln sich im Haus wider.
Wir ermöglichen unseren Bewohner*innen Entwicklung und Lernerfahrungen, aber das gilt auch für uns selbst: In den Wohnhäusern und in der Betreuung von obdach- und wohnungslosen Menschen sehen wir, wo im Gesundheitssystem, in der mobilen Pflege, in der psychiatrischen Versorgung – insbesondere für jene mit Suchterkrankungen, Zugänge verwehrt bleiben und Versorgungslücken klaffen. Darauf machen wir aufmerksam und wir bringen uns ein, um das Gesundheitssystem so zu gestalten, dass es für alle gut da ist. Indem wir die Türen bei uns öffnen, öffnen wir sie auch anderswo. Für Sie, für mich, für alle.
Dieser Beitrag erscheint in der 55. Ausgabe der neuner News – dem Spendenmagazin von neunerhaus. Das Magazin erscheint drei Mal jährlich. Lesen Sie hier die aktuellsten Ausgaben, stöbern Sie im Online-Archiv oder bestellen Sie ein kostenloses Print-Abo: Printversion bestellen