
Da hinschauen, wo es wehtut. Das ist es, was für Daniela Unterholzner Kunst ausmacht. Die neunerhaus Geschäftsführerin spricht über 25 Jahre neunerhaus Kunstauktion und über die Verbindungen zwischen Kunst und Wohnungslosenhilfe.
neunerhaus: Was ist die neunerhaus Kunstauktion?
Daniela Unterholzner: Die neunerhaus Kunstauktion bringt seit 25 Jahren Künstler*innen, Sammler*innen und engagierte Unterstützer*innen zusammen. Jedes Jahr stellen namhafte Künstler*innen ihre Werke zur Verfügung. Der Erlös dieser Versteigerung fließt direkt in die Arbeit von neunerhaus. Es ist also ein Abend, an dem Kunst und Solidarität Hand in Hand gehen: Um wohnungs- und obdachlosen Menschen aus der Krise zu helfen und Wohnungslosigkeit nachhaltig zu beenden. Dieses Jahr findet sie am 3. November statt (zu den Veranstaltungsdetails).
Welche Rolle spielt Kunst für dich im Alltag?
Kunst eröffnet mir andere Sichtweisen, neue Denkräume, ist manchmal kritisch, auf jeden Fall ein gesellschaftliches Sensorium für Mensch und Welt. Und manchmal ist sie einfach schön und handwerklich beeindruckend.
Was verbindet Kunst und die Arbeit und von neunerhaus?
Künstler*innen zwingen uns durch ihre Arbeiten, genauer hinzusehen, Fragen zu stellen, andere Perspektiven einzunehmen. Kunst hat mich persönlich immer dann besonders berührt und interessiert, wenn sie politische Aspekte und gesellschaftlichen Diskurse beleuchtet hat – von den alten Meistern bis hin zur zeitgenössischen Kunst – oder wenn sich Künstler*innen mit gesellschaftlichen Prozessen im Kleinen und Großen beschäftigt haben. Dieser Blick, auch dorthin wo’s weh tut – das verbindet Kunst und Wohnungslosenhilfe.
„Kunst gehört für mich einfach zu Leben dazu und ist auch in meiner Wohnung zu finden.“
Daniela Unterholzner studierte Kunstgeschichte und arbeitete zu Beginn ihrer Berufslaufbahn im zeitgenössischen Kunstbereich.
Die neunerhaus Kunstauktion verbindet soziales Engagement mit Kultur. Was macht Kunst zu einem so wirkungsvollen Türöffner, um Menschen für gesellschaftliche Fragen zu sensibilisieren?
Seit 25 Jahren geben uns Künstler*innen ihre Werke, um wohnungslosen Menschen zu helfen. Dabei muss man wissen, dass Künstler*innen es nicht immer leicht in ihrem Beruf haben. Dieses langjährige Engagement beeindruckt mich.
Bei der neunerhaus Kunstauktion haben sich Menschen gefunden, die nicht zuschauen wollen, wenn andere Menschen nicht mehr weiterwissen. Das verbindet neunerhaus und unsere Unterstützer*innen – Künstler*innen wie Käufer*innen.
Es ist ein starkes Zeichen der Solidarität. Für uns und unsere Bewohner*innen, Patient*innen und Nutzer*innen ist es unglaublich wertvoll zu sehen, dass unsere Anliegen auch in solchen gesellschaftlichen Räumen Platz haben. Für uns als Organisation ist es eine wichtige Basis, um unsere Arbeit langfristig finanziell absichern zu können.
Daniela Unterholzner und warum die neunerhaus Kunstauktion für die Menschen, die neunerhaus unterstützt, von großer Bedeutung ist.
Was wünschst du dir für die Verbindung von Kunst und Sozialem – und für neunerhaus?
Wir leben in einer extrem herausfordernden Zeit. Die weltpolitischen und wirtschaftlichen Entwicklungen der kommenden Jahre sind nicht vorhersehbar. Ich bin davon überzeugt, dass es in den kommenden Jahren noch wichtiger sein wird, für Solidarität, soziale Sicherheit, Demokratie und Menschenrechte einzustehen.
Es liegt auf der Hand, dass Kunst und Soziales Einschnitte früher als andere Bereiche bemerken werden. Ich wünsche mir, dass man diesen Bereichen zuhört und sie ernst nimmt.
Die neunerhaus Geschäftsführerin Daniela Unterholzner über Sparmaßnahmen im Sozial- und Kunstbereich.
Die diesjährige neunerhaus Kampagne lautet #ÜberLebenReden. Was ist Überleben, was ist Leben für dich persönlich?
Überleben heißt für mich, die grundlegenden Bedürfnisse abzusichern: ein Dach über dem Kopf, damit ich im Winter nicht erfriere, irgendetwas zu essen, damit ich nicht verhungere, die notwendigste medizinische Versorgung, damit ich nicht sterbe.
Leben heißt für mich, diese elementarsten Bedürfnisse gestillt und noch so viel Energie übrig zu haben, dass ich mein Leben selbst in die Hand nehmen, selbst Entscheidungen treffen kann.
Zum Leben gehört für mich dazu, dass ich zum Beispiel Kraft und Zeit habe, meine Wohnung zu gestalten, um dort Freunde oder Verwandte einzuladen. Zum Leben gehört für mich, sich um seine Gesundheit zu kümmern, weil es selbstverständlich ist, dass ich Zukunftspläne und -chancen habe. Zum Leben gehört für mich, dass ich in Würde älter werden darf und meine Bedürfnisse gesehen werden. neunerhaus sichert in vielen Angeboten überleben, aber eben auch Leben.