
Tamara S. war in ihrem Leben lange Zeit „voll drauf“. Durch ihre Suchterkrankung ist sie „so tief abgerutscht, dass gar nichts mehr ging.“ Mit einer Schwangerschaft ändert sie ihr Leben schlagartig. Mit der Ausbildung zur Peer der Wiener Wohnungslosenhilfe hat sie eine weitere Stütze gefunden.
Du weißt, was es heißt, obdachlos zu sein. Wie kam es dazu?
Ich habe seit 15 Jahren mit Sucht zu tun. Anfangs war ich neugierig, zuhause gab es oft Spannungen. Irgendwann bin ich nach Wien abgehauen. Ich bin von der einen zur anderen Droge gekommen. Ja und so bin ich auch in die Obdachlosigkeit gekommen.
Du hast erzählt, dass deine Tochter dein Leben stark beeinflusst hat.
Ich war an einem Tiefpunkt, als ich schwanger geworden bin. Da habe ich mir gedacht, okay, das muss jetzt mein Zeichen sein, hier ist die Grenze. Sie hat mir mein Leben gerettet. Ich glaube, das war Schicksal. Sie hält mich am Leben, sie ist mein Antrieb.
2025 schließt du den Zertifikatskurs am neunerhaus Peer Campus ab. Eine Ausbildung für obdach- und wohnungslose Menschen, die dann selbst in der Wohnungshilfe tätig sind. Warum gerade diese Ausbildung?
Nach der Schule habe ich elf Monate in der Fußpflege und dann elf Monate als Zahnarztassistentin gearbeitet. Aufgrund des Drogenkonsums ging das dann irgendwann nicht mehr. Ich bin so tief abgerutscht, es ging gar nichts mehr. Leider. Zwischendurch habe ich mal für fünf Jahre geputzt. Ich habe nach dem Abschluss am neunerhaus Peer Campus etwas, worauf ich stolz bin. Jetzt habe ich eine Aufgabe, die mich schon dadurch stützt, dass ich eben nicht Nichts zu tun habe.
Wie bist du auf die Ausbildung am neunerhaus Peer Campus gekommen und was hat sich seither verändert?
Ich habe Peer Yvonne S. (Absolventin 2023-24) in einer Einrichtung kennengelernt, sie hat mir von der Ausbildung erzählt. Es hat sich total viel verändert. Erstens meine Umgangssprache. Ich reflektiere, was ich sage und auch, was ich tue. Auch das Praktikum war total gut. Ich war in einem abstinenten Männerwohnheim. In Zukunft würde ich gerne in einer Mutter-Kind-Einrichtung oder in einem Wohnhaus arbeiten.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass ich die Arbeit gut meistern werde. Gerade wohne ich mit meiner Tochter und meinem Freund bei meinem Vater. Ich möchte für uns eine Wohnung finden, die uns gehört. Bis jetzt habe ich nichts Passendes gefunden, das wirklich leistbar ist und wo man auch zu Dritt gut leben kann. Wenn wir endlich was Eigenes haben, dann würde ich sagen, habe ich alles geschafft, was ich mir wünsche.
Der Zertifikatskurs Peers der Wohnungslosenhilfe wurde 2017/2018 gemeinsam mit dem FSW entwickelt und wird durch eine Projektförderung des FSW finanziert. Mehr zum neunerhaus Peer Campus.