Gute Frage: Was ist leistbares Wohnen?

Der Schlüssel zur eigenen Wohnung – die man sich gut leisten kann © Christoph Liebentritt

Kannst du dir deine Wohnung gut leisten? Die Höhe der Miete ist für die meisten Menschen auf Wohnungssuche eine der wichtigsten Fragen – schließlich sollte nach Abzug der Wohnkosten noch genug fürs Leben übrigbleiben. Die Leistbarkeit des Wohnens ist aber nicht nur eine individuelle, sondern eine sozialpolitische Frage. In diesem Blogbeitrag liefern wir Definitionen des leistbaren Wohnens und welche Erkenntnisse und Maßnahmen daraus abzuleiten sind.

Wie haben sich die Mietpreise in Österreich entwickelt?

Bei der Frage der Leistbarkeit des Wohnens geht es prinzipiell um das Verhältnis zwischen Wohnkosten und Einkommen. Während die Miet- und Energiekosten in den letzten Jahren stark gestiegen sind und das Leben insgesamt teurer wurde (Stichwort Inflation), hinkt die Entwicklung der Einkommen hinterher. Die sogenannte Leistbarkeitslücke wird immer größer. Die Mietpreise in Wien haben sich seit 2013 um 42 Prozent erhöht. Die allgemeine Inflation lag im gleichen Zeitraum bei 32 Prozent.

Wann spricht man von zu hohen Wohnkosten bzw. einer Wohnkostenüberbelastung?

Neben der subjektiv wahrgenommenen Wohnkostenbelastung gibt es den Indikator des Wohnkostenanteils. Nach EU-Definition liegt eine Wohnkostenüberbelastung vor, wenn der gesamte Wohnungsaufwand – dazu zählen u.a. Miete, Betriebskosten, Heizkosten, Energie und Instandhaltung 40 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens übersteigt. 2023 war das für 8 Prozent der Haushalte in Österreich der Fall, bei armutsgefährdeten Personen lag der Anteil bei 33 Prozent.

Wie lautet die Kritik am Wohnkostenanteil von 40 Prozent?

Diese Definition ermöglicht zwar einen klaren Grenzwert, aber er lässt außer Acht, dass Menschen unterschiedlich viel verdienen. Wir wissen nicht, ob mit 40 Prozent des Einkommens die Wohnkosten bezahlt werden können und ob mit den restlichen 60 Prozent ein würdevolles, gutes Leben möglich ist. Um die notwendigen Gesamtausgaben eines Haushaltes besser abschätzen zu können, lassen sich die jährlich errechneten Referenzbudgets der Schuldnerberatung heranziehen.

Wie hängen Leistbarkeit des Wohnens und soziale Teilhabe zusammen?

Laut Schuldnerberatung müssen Haushaltsbudgets so bemessen sein, dass Menschen damit nicht nur finanziell über die Runden kommen, sondern ein Leben mit sozialer und kultureller Teilhabe führen können. Bei neunerhaus sehen wir, dass viele Menschen nicht über ein Einkommen in der Höhe der errechneten Referenzbudgets verfügen bzw. Wohnkosten so hoch sind, dass ihnen monatlich zu wenig Geld übrigbleibt, um auch am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben zu können. Dazu gehört, dass man mal Essen geht, ins Kino oder ins Theater und sich mit Freund*innen trifft.

Was heißt leistbares Wohnen für neunerhaus?

Für neunerhaus bedeutet leistbares Wohnen, dass alle Wohnkosten (Bruttomiete und Energiekosten) maximal 45% des gesamten Haushaltseinkommen ausmachen.

Um die Lebensrealitäten möglichst aller Menschen einzuschließen, ist eine Definition von leistbarem Wohnen notwendig, die von niedrigen Einkommen ausgeht. Dazu zieht neunerhaus die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) heran, da ein Teil der Menschen in der Wohnungslosenhilfe auf diese angewiesen ist. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung beträgt mit 1.1.2025 für Alleinstehende oder Alleinerzieher*innen rund 1.209 Euro. Hinzu kommt noch bei Bedarf die Mietbeihilfe mit einem Höchstsatz von 635,71 Euro. Ohne Mietbeihilfe liegt das Einkommen deutlich unter dem für 2024 ausgewiesenen Referenzbudget von Euro 1.730.

Was heißt leistbares Wohnen für Menschen, die neunerhaus unterstützt?

Die Leistbarkeit des Wohnens darf keine Momentaufnahme sein. Gerade bei kleineren Einkommen ist die Leistbarkeit des Wohnens oftmals nicht langfristig gesichert: Unvorhergesehene Ausgaben für plötzlich anfallende Reparaturen, Einbußen beim Einkommen und Mieterhöhungen können dazu führen, dass die Wohnkosten plötzlich eine noch größere Belastung darstellen oder nicht mehr bezahlt werden können. Bei neunerhaus Housing First und Mobil betreutes Wohnen wird gemeinsam mit den wohnungssuchenden Menschen geschaut, dass die künftige Miete nicht mehr als 40 Prozent des Einkommens ausmacht und zukünftige, absehbare Entwicklungen etwa beim Einkommen oder kurzfristige Ausgaben das Wohnverhältnis nicht gefährden.

Wenn es um leistbares Wohnen geht, sollte man sich an den niedrigsten Einkommen orientieren!

Christina Lenart setzt sich als Referentin bei neunerhaus intensiv mit dem Begriff der Leistbarkeit des Wohnens auseinander.
Was es braucht: Eine sozial gerechte Definition von Leistbarkeit

Für sozial gerechte wohnpolitische Maßnahmen braucht es eine Definition von leistbarem Wohnen, die niedrige Einkommen berücksichtigt. So kann in weiterer Folge der Bedarf an leistbaren Wohnungen erhoben und entsprechend zur Verfügung gestellt werden.


Christina Lenart ist Wohnbauforscherin und arbeitet als Referentin für Grundlagen & Policy-Arbeit bei neunerhaus. Mit Sina Moussa-Lipp, Sozialwissenschaftlerin und Referentin für Soziale Stadt bei der AK Wien, hat sie den Artikel Leistbares Wohnen – ein Begriff mit Diskussionsbedarf verfasst, der die Grundlage dieses Beitrags ist.