Leistbarer Wohnraum beendet Wohnungslosigkeit, ist aber knapp und stark nachgefragt. Wer seine Wohnung an Menschen vermieten möchte, die von Obdach- oder Wohnungslosigkeit betroffen sind, kann dies über neunerimmo tun. Hier sprechen Ulrike Pilgram, Geschäftsführung neunerimmo und Judith Moser-Harnoncourt, Leiterin Projektentwicklung, über dringenden Wohnbedarf, Vorurteile und darüber, was eine Stadt zu einer gerechten Stadt macht.
Welche Wohnungen braucht es gerade am dringendsten?
Beide: Jede leistbare Wohnung. Große Wohnungen werden besonders benötigt.
Ulrike Pilgram: Generell benötigen wir jede Wohnungsgröße. Da der Bestand an großen Wohnungen geringer ist, sind diese besonders gefragt.
Judith Moser-Harnoncourt: Wobei die Ausgewogenheit zwischen großen und kleinen Wohnungen wichtig ist.
Wer kann seine Wohnung über neunerimmo oder direkt an obdach- und wohnungslose Menschen vermieten?
Pilgram: Wir arbeiten mit privaten Vermieter*innen und gewerblichen und gemeinnützigen Bauträgern zusammen. Jedes einzelne Engagement ist wichtig. Man soll den Mut haben, an uns heranzutreten und mit uns reden. Wenn eine Wohnung da ist, die vermietet werden kann, bitte einfach bei uns anrufen. Jeder m2 zählt.
Jedes einzelne Engagement ist wichtig. Jeder m2 zählt.
Ulrike Pilgram, Geschäftsführung neunerimmo
Jeder m2 zählt. Gibt es Mindestanforderungen an die Wohnungen und übernimmt neunerimmo Renovierungsarbeiten?
Pilgram: Wir akquirieren Wohnungen für obdach- und wohnungslose Menschen. Es geht stark um die Leistbarkeit der Wohnung und um eine Vermietung von mindestens drei Jahren, im Idealfall länger bzw. unbefristet. Wir haben keine Ressourcen, um Wohnungen komplett zu sanieren. Es sei denn, die Wohnung kann dann super günstig vermietet werden. Die Wohnung soll bewohnbar und leistbar sein und eine bestimmte Mietdauer haben.
Seid ihr seitens der Vermieter*innen auch mit Vorurteilen gegenüber wohnungs- und obdachlosen Menschen konfrontiert?
Moser-Harnoncourt: Für mich ist es sehr motivierend, die Baubranche auf unsere Zielgruppe und auf Wohnungslosigkeit hinzuweisen und ihnen auch die Scheu zu nehmen, an sie zu vermieten. Wir hören von diffusen Vorbehalten. Da ist es wichtig, die Baubranche und unsere Partner*innen aufzuklären, dass dieser Neustart mit einer eigenen Wohnung gut ist und oft gelingt.
Pilgram: Ich finde es spannend, dieses Klischee des obdachlosen Mannes, das in vielen Köpfen der Menschen drinnen ist, aufzubrechen. Wenn Vermieter*innen merken: ‚Hey, das sind Menschen wie wir‘, dann haben wir es geschafft zu vermitteln, dass Wohnungslosigkeit jede*n treffen kann.
Warum gibt es eurer Meinung nach nicht genug leistbaren Wohnraum?
Moser-Harnoncourt: Der Leerstand ist in Wien und ganz Österreich gravierend. Wir bauen, bauen, bauen, meist hochpreisige Wohnungen, aber nicht genug leistbare Wohnungen. Wenn Menschen Anlegerwohnungen kaufen, sollen sie das tun. Aber bevor eine Wohnung zehn Jahre lang leer steht, könnte man sie zwischenzeitlich gemeinsam mit uns sehr vernünftig nutzen.
Pilgram: Der gewerbliche und frei finanzierte Wohnbau nimmt auch in Wien stark zu. Diese Wohnungen sind für Personen mit niedrigerem Einkommen nicht leistbar. Auch die Hürden für den sozialen und geförderten Wohnbau sind nicht für alle gleich. Auch sind der geförderte und der kommunale Wohnbau nicht für alle zugänglich. Wohnen sollte für alle möglich und ein Grundrecht sein.
Der Leerstand in Wien und ganz Österreich ist gravierend.
Judith Moser-Harnoncourt, Leitung Projektentwicklung neunerimmo
Eine gerechte Stadt, wie sieht die für euch aus?
Moser-Harnoncourt: Wien hat eine Vorreiterrolle in der Durchmischung sozialer Schichten, weil man an der Wohnadresse nicht mehr sieht, wie viel man verdient und welcher sozialen Schicht man angehört. Trotzdem gibt es Ungleichheiten. Zur Zeit der Corona-Pandemie war ganz offensichtlich, dass Menschen, die keinen privaten Freiraum (Garten, Balkon) hatten, plötzlich eingesperrt waren. Parks und Gärten wurden zugesperrt, nur wer einen eigenen Garten hatte, konnte raus und die Kinder draußen spielen. Das hat mich schockiert. Freiraum ist gerade für jene, die in kleinen Wohnungen wohnen, sehr wichtig. Es braucht attraktive und konsumfreie Räume für die verschiedenen Bedürfnisse in der Bevölkerung.
Pilgram: Wien hat im Großen und Ganzen eine ausgewogene soziale Durchmischung in den einzelnen Bezirken. Aber es gibt auch Adressen, die etwas über die soziale Lage der Person aussagen. Für mich ist eine gerechte Stadt, wenn wirklich jeder und jede die gleichen Voraussetzungen hat. Da sind wir leider noch nicht.
Was braucht es, um Wohnungslosigkeit zu beenden?
Beide: Wohnungen! (lachen)
Pilgram: Aber wir sehen auch Bewusstseinsarbeit als Teil unserer Arbeit: Wie kann Wohnungslosigkeit entstehen, wie kann sie reduziert und beendet werden?
Moser-Harnoncourt: In einem Projekt habe ich gerade den Fokus auf junge Erwachsene. Hier braucht es Jugend- und Bildungsarbeit, damit diese jungen Menschen wieder Fuß fassen und in ihren eigenen Wohnungen wohnen können. Für junge Erwachsene wünsche ich mir Toleranz und Verständnis.
Aktiv werden und Wohnraum vermieten, Wohnraum entwickeln.
neunerimmo vermittelt leistbaren Wohnraum und mietet Wohnungen an. Geben wir gemeinsam Menschen wieder ein Zuhause und ebnen den Weg in ein selbstständiges Leben. Jeder m2 zählt! Hier mehr über die Zusammenarbeit mit neunerimmo erfahren.