Warum wird man obdachlos?

„Ich hätte nie gedacht, dass mir das mal passieren kann!“ Diesen Satz hören wir bei neunerhaus oft von Menschen, die ihre Wohnung verloren haben. Es geht schneller, als man denkt. Warum wird man obdachlos, verliert seine Wohnung? Hier haben wir die häufigsten Gründe zusammengefasst.

Strukturelle Ursachen von Obdach- und Wohnungslosigkeit

neunerhaus unterscheidet zwischen strukturellen und individuellen Ursachen von Obdach- und Wohnunglosigkeit. Zu den strukturellen Gründen für Obdachlosigkeit zählen etwa zu hohe Wohnkosten, das Fehlen von leistbaren Wohnungen, eine angespannte Situation am Arbeitsmarkt und Zugangsbarrieren zum sozialen Wohnbau.

Zu hohe Wohnkosten – wenn man sich das Leben nicht mehr leisten kann

Während die Mieten und Lebenshaltungskosten steigen, bleiben die Gehälter und Sozialleistungen gleich. Für 25 % der österreichischen Bevölkerung stellen Wohnkosten mittlerweile eine erhebliche finanzielle Belastung dar. In anderen Worten: Für jede*n Vierte*n ist die Miete zu teuer. 369.000 Menschen in Österreich waren bereits einmal in ihrem Leben von Obdach- oder Wohnungslosigkeit betroffen (Statistik Österreich). Die Zahl der obdach- und wohnungslosen Menschen steigt in Österreich wieder. 2023 waren über 20.000 Menschen ohne festen Wohnsitz. neunerhaus rechnet mit einem weiteren Anstieg.

Zu den hohen Wohnkosten kommen die steigenden Preise für Lebensmittel und Energie. 14 % der Gesamtbevölkerung gaben Anfang 2023 an, sich Strom und Heizkosten nicht leisten zu können. Das sind hochgerechnet bis zu 968.000 Personen, für die die Strom- und Heizkosten zu hoch waren und die ihren Wohnraum nicht angemessen warmhalten konnten (Statistik Österreich). Oder, wie es Yoyo P. eine neunerhaus Peer Campus Absolventin, die selbst einmal obdachlos war, zusammenfasste: „Die Mieten alleine wären ja nicht das Problem, wenn du dir das restliche Leben sonst noch leisten könntest.“

Leistbare Wohnungen fehlen

Leistbarer Wohnraum ist die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. Für immer mehr Menschen fehlen leistbare Wohnungen, gerade für junge Menschen, Alleinerzieher*innen und Familien mit mehreren Kindern, gibt es kaum angemessene Wohnungen, die sie sich gut leisten können.

Wirtschaftlicher Abschwung, angespannter Arbeitsmarkt, prekäre Arbeitsverhältnisse

Die Situation am Arbeitsmarkt wird immer angespannter. Unternehmen wie Kika/Leiner, KTM melden Konkurs an, mit weitreichenden Konsequenzen für die Arbeitnehmer*innen, denen Lohnausfälle und Jobverlust drohen.

Viele Menschen, die bei neunerhaus Hilfe suchen, waren oft jahrelang in prekären Arbeitsverhältnissen. Das heißt, sie waren nicht versichert, schlecht bezahlt oder wurden nur unregelmäßig entlohnt.

Tür zu: Zugangsbarrieren im sozialen Wohnbau

Für den sozialen Wohnbau, zum Beispiel Gemeindewohnungen, gibt es Zugangsbarrieren – wie etwa die Meldedauer. So verlor der 30-jährige Wiener „Horstl“, seinen Anspruch auf eine Gemeindewohnung, weil er für zwei Monate nicht in Wien gemeldet war. Nach einem Jahr auf der Straße konnte er mithilfe von neunerhaus wieder in seine eigene Wohnung ziehen.

Finanzielle Hürden und befristete Mietverträge

Schließlich gibt es noch finanzielle Hürden: Kautionen oder Genossenschaftsbeiträge sind für viele schlichtweg nicht zu stemmen. Gerade junge Menschen haben Schwierigkeiten, Bürgschaften und lückenlose Einkommensnachweise vorzulegen, um an eine leistbare Wohnung zu kommen.

Sind Mietverträge befristet und werden diese nicht verlängert, muss immer wieder von neuem eine Wohnung gesucht werden.

Individuelle Schicksalsschläge, Scham und Isolation

Bisher ging es um strukturelle Ursachen von Obdach- und Wohnungslosigkeit. Doch können auch unerwartete Ereignisse unser Leben drastisch ändern und das Risiko eines Wohnungsverlustes erhöhen. Der Verlust eines geliebten Menschen, der einen aus der Bahn wirft. Eine Krankheit, ein Unfall, psychische Erkrankungen, Jobverlust. Vieles, das wir nicht in der Hand haben, kann dazu führen, dass wir unser geregeltes Leben, unseren „normalen“ Alltag nicht mehr bestreiten können. Das Einkommen, das wir brauchen, um unsere Rechnungen zu bezahlen, kann weniger werden oder ganz wegfallen. Während viele von uns im Notfall und in Krisen auf Familie und Freund*innen zählen können, haben einige kein Netz, das sie auffängt. Oder sie ziehen sich aus Scham zurück, wollen niemanden um Hilfe bitten. So wie Michi H., der sich nach dem Jobverlust nicht arbeitslos meldete und sein gesamtes Erspartes verbrauchte, bis er schließlich auf der Straße stand. Michi H. arbeitet heute bei neunerhaus als Peer.


Wir schauen nicht weg. Wir helfen.

Aus welchen Gründen auch immer Menschen ihre Wohnung verloren haben, neunerhaus setzt sich für sie ein. Mit konkreter Hilfe im Akutfall und mit langfristigen Lösungen, um die strukturellen Ursachen zu bekämpfen. Um unsere Arbeit in der Obdachlosenhilfe Wien nachhaltig zu sichern, sind wir auf Spenden angewiesen! Jeder Euro macht für neunerhaus und die Menschen, die wir unterstützen, einen Unterschied.

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